Reflecta

Ethischer Vertrieb: Expert:innen-Tipps von Sales4Good

Wie Sozialunternehmen durch wertebasierten Vertrieb erfolgreich neue Geschäftspartner:innen gewinnen können.

In unserer Expert:innen-Reihe bei Reflecta stellen wir die Sozialunternehmensberatung Sales4Good vor. Das Unternehmen unterstützt Sozialunternehmen und Organisationen dabei, Akquise ethisch und wirkungsorientiert zu gestalten. Als Teil eines internationalen Netzwerks treibt Sales4Good den Paradigmenwechsel im Vertrieb voran: Weg von manipulativen Methoden, hin zu wertebasiertem und nachhaltigem Vertrieb. Geschäftsführer:innen Andrea Mörike und Simon Lühr zeigen, wie ethischer Vertrieb wirtschaftlich erfolgreich umgesetzt werden kann – und geben wertvolle Tipps für die Praxis.


Das Ziel des ethischen Sales ist der Aufbau vertrauensvoller Beziehungen und die Verstärkung der positiven Wirkung, die die eigenen Produkte bei den Kund:innen entfalten.

Was versteht ihr unter ethischem Vertrieb und warum ist er gerade für Impact-Unternehmen besonders relevant?

Ethischer Vertrieb bedeutet für uns, potenziellen Geschäftskund:innen die eigenen Produkte oder Services manipulationsfrei anzubieten und sie ehrlich im Auswahlprozess zu unterstützen. Im Gegensatz zu manipulativen Sales-Praktiken steht hier die authentische Kommunikation im Vordergrund: Es geht darum, auf die Bedürfnisse der Kund:innen einzugehen und eine innere Haltung zu entwickeln, die darauf abzielt, den Kund:innen wirklich zu helfen – nicht darum, um jeden Preis etwas zu verkaufen.

Das Ziel des ethischen Sales ist der Aufbau vertrauensvoller Beziehungen und die Verstärkung der positiven Wirkung, die die eigenen Produkte bei den Kund:innen entfalten. Vertrieb ist für uns nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine gesellschaftliche Aufgabe. Werte wie Fairness, Transparenz, Ehrlichkeit und Verantwortung stehen dabei im Mittelpunkt. Gerade für Impact-Unternehmen, die Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft übernehmen und auf nachhaltige Beziehungen setzen, ist dieser Ansatz besonders wichtig.

Welche spezifischen Herausforderungen begegnen Impact-Unternehmen im Vertrieb und wie können sie diese meistern?

Eine häufige Herausforderung ist die „heimliche Angst“ oder der innere Widerstand gegenüber Vertrieb. Dies liegt oft an negativen Erfahrungen mit klassischen, manipulativen Sales-Praktiken. Es fehlt an Wissen über alternative Ansätze, wie ethischer Vertrieb erfolgreich umgesetzt werden kann. Viele fragen sich: „Kann ich mit ethischem Vertrieb genauso erfolgreich sein?“ Selbst wenn diese Zweifel ausgeräumt werden, bleibt die Herausforderung, das Gelernte im Alltag konsequent anzuwenden, besonders unter Druck.

Eine weitere Schwierigkeit ist die Abhängigkeit von Online-Marketing: Viele Unternehmen verlassen sich zu sehr auf PR oder Werbekampagnen, anstatt gezielt und persönlich auf Wunschkund:innen zuzugehen. Dies führt nicht nur zu hohen Kosten, sondern oft auch zu unzureichenden Ergebnissen. Zudem mangelt es Impact-Unternehmen im B2B-Sales häufig an Erfahrung mit größeren Kunden, was zu ungleichen Beziehungen führt – sei es bei der Preisgestaltung, in Verhandlungen oder bei der Kommunikation des eigenen Wertes.

Ein großes Thema, das alle Unternehmen betrifft, ist die Unsicherheit in Zeiten multipler Krisen. Hierbei unterstützen wir mit Strategien, die Resilienz und Anpassungsfähigkeit fördern. Ein Beispiel dafür ist unsere überarbeitete Online-Session zu „Akquise in der Krise“, die Elemente des Inner Development einbindet.

Wir helfen unseren Kund:innen, ihren Vertriebsprozess auf Basis ihrer eigenen Werte zu gestalten – das reduziert innere Widerstände und steigert den Erfolg automatisch.

Wie bringt ihr Vertrieb und ethische Werte eurer Kund:innen in Einklang?

Unsere Lösung ist eine umfassende (Un-)Learning Journey. Dabei helfen wir unseren Kund:innen, ihren Vertriebsprozess auf Basis ihrer eigenen Werte zu gestalten. Dies reduziert innere Widerstände und schafft Sicherheit, was den Vertriebserfolg automatisch steigert.

Die Journey beginnt mit einem strukturierten Vertriebstraining, das in acht Modulen aufgebaut ist. Im ersten Modul analysieren die Teilnehmenden, welche negativen Assoziationen sie mit Vertrieb verbinden, und wie sie sich davon lösen können. Gemeinsam erarbeiten wir, wie ethischer Vertrieb in jeder Phase des Prozesses umgesetzt werden kann. Rollenspiele helfen, die Methoden zu verinnerlichen.

Ein weiterer Bestandteil sind unsere „Do-It-Your-Sales-Circles“. In diesen wöchentlichen Online-Treffen setzen sich die Teilnehmenden Ziele, messen ihre Fortschritte und erhalten Unterstützung durch die Community und unsere Trainer:innen. Um sicherzustellen, dass unter Druck keine unethischen Methoden angewandt werden, begleiten wir sie über sechs Monate hinweg.

Darüber hinaus beraten wir Impact-Unternehmen bei der Entwicklung maßgeschneiderter Sales-Strategien, die zu ihren Werten passen und ihre Wirkung maximieren.

Welche Strategien können Impact-Unternehmen anwenden, um ihre Vertriebsziele zu erreichen, ohne ihre Werte zu kompromittieren?

Ethischer Vertrieb beruht auf Werten wie Fairness, Transparenz und Verantwortung. Intern bedeutet das beispielsweise, den Vertriebsteammitgliedern Raum für Reflexion zu geben, Provisionen abzuschaffen und teamorientierte Erfolge zu fördern. Methoden wie „Pair Selling“ können dazu beitragen, eine kooperative Vertriebsstruktur zu etablieren.

Im Außenverhältnis geht es darum, faire Preise zu kalkulieren, klare Erwartungen zu kommunizieren und realistische Projektziele zu setzen. Wichtig ist auch, Partnerschaften zu entwickeln, um gemeinsam mit anderen Organisationen Wirkung zu skalieren. Der Fokus sollte immer darauf liegen, echte Mehrwerte zu schaffen und Abhängigkeiten zu vermeiden.

Könnt ihr ein Beispiel für ein erfolgreiches Projekt nennen?

Wir möchten zwei Projekte hervorheben: die sira Kinderbetreuung gGmbH und die Impact Week gUG.

  • sira Kinderbetreuung gGmbH: Dieses Sozialunternehmen betreibt über 40 eingruppige Kitas und bietet diese als Betriebskitas für kleine und mittelständische Unternehmen an. Gemeinsam mit uns entwickelte sira eine transparente Preispolitik und eine strukturierte Sales-Strategie. Dadurch konnte der Vertrieb effizienter gestaltet und gezielte Akquise betrieben werden.
  • Impact Week gUG: Dieses junge Sozialunternehmen nutzt ein Cross-Financing-Modell, bei dem global agierende Unternehmen Trainingsplätze finanzieren. Durch unsere Unterstützung in der Entwicklung einer Sales-Strategie, der Einführung eines CRM-Systems und praxisnahen Vertriebstrainings konnte der Umsatz um 27 % gesteigert und die Wirkung der Workshops nachhaltig erhöht werden.

Welche ersten Schritte sollten Impact-Unternehmen unternehmen, um eine ethische Vertriebsstrategie zu entwickeln?

Ein guter Startpunkt ist die Wirkungslogik: Welche Ziele verfolgt das Unternehmen, und welche Partner:innen oder Kund:innen könnten dabei unterstützen? Eine klare Marktsegmentierung hilft, das Nutzenversprechen zu schärfen. Wichtig ist, den eigenen Wert für die Kund:innen zu erkennen und diesen transparent zu kommunizieren – beispielsweise durch faire Preismodelle.

Effizienz ist nicht gleich Effektivität: Drei bis fünf Kund:innen lassen sich mit gezielten, wertebasierten Ansprachen genauso gut gewinnen wie mit tausenden unpersönlichen Kontakten.


Welche Rolle spielt die Digitalisierung in euren Vertriebsstrategien für gemeinwohlorientierte Unternehmen?

Digitalisierung kann Vertriebsprozesse effizienter gestalten, beispielsweise durch CRM-Systeme oder Marketing-Automation. Doch Effizienz ist nicht gleich Effektivität: Statt tausende Kontakte unpersönlich mit einer Massenmail anzuschreiben, können gezielte und wertebasierte Ansprachen oft mehr bewirken. Drei bis fünf Kund:innen lassen sich mit gezielt ausgewählten 10 Kontakten genauso gut gewinnen – wenn der Prozess durchdacht und strategisch ist. Die Digitalisierung sollte daher nicht dazu genutzt werden, Masse zu schaffen, sondern Prozesse sinnvoll zu unterstützen und die Qualität der Ansprache zu verbessern.

Wie stellt ihr sicher, dass eure Vertriebsstrategien sowohl effektiv als auch nachhaltig sind?

Wir messen die Wirkung unserer Beratungs- und Trainingsleistungen kontinuierlich – vor, während und nach Abschluss der Projekte. Unsere Kund:innen ermutigen wir, ähnliche Wirkungsmessungen in ihren Vertriebsprozessen zu implementieren. Dabei setzen wir auf Zusammenarbeit mit Expert:innen aus Bereichen wie Green IT oder nachhaltigem Marketing, um eine ganzheitliche Strategie zu fördern.

Unsere Vision ist eine Welt, in der nur noch nachhaltige Produkte und Dienstleistungen gekauft werden, die echten Mehrwert schaffen.

Was sind eure nächsten Schritte mit sales4good.org, und welche Visionen habt ihr für die Zukunft des ethischen Vertriebs?

Unsere Vision ist eine Welt, in der nur noch nachhaltige Produkte und Dienstleistungen gekauft werden, die echten Mehrwert schaffen. Ethischer Vertrieb soll zum Standard werden und die Nachhaltigkeitstransformation der Wirtschaft vorantreiben. Um dies zu erreichen, bauen wir unsere Community aus, begleiten die Transformation von Ethical Sales Practitioners und suchen weiterhin nach Finanzierungsmöglichkeiten, um unsere Arbeit nachhaltig zu sichern.

Zusammengefasste Expert:innen-Tipps für ethischen Vertrieb

  • 1. Startet mit eurer Wirkungslogik

    Identifiziert, wie euer Unternehmen Mehrwert schafft, und richtet eure Sales-Strategie daran aus.

  • 2. Denkt „mit dem Kopf des Kunden“:

    Analysiert die Probleme eurer Zielgruppe und entwickelt passgenaue Lösungen.

  • 3. Setzt auf Qualität statt Masse

    Persönliche, wertebasierte Kontakte sind oft effektiver als große Marketingkampagnen.

  • 4. Kalkuliert fair und transparent

    Nutzt eine Preisdifferenzierung, die für alle nachvollziehbar ist

  • 5. Unlearn unethische Praktiken

    Schafft Raum für Reflexion und trainiert euer Team in ethischem Vertrieb.

  • 6. Schafft partnerschaftliche Netzwerke

    Entwickelt strategische Kooperationen, um Wirkung und Umsatz zu skalieren

  • 7. Messt eure Wirkung

    Erfasst kontinuierlich, wie eure Vertriebsmethoden Ergebnisse für Kund:innen und Gesellschaft erzielen.

  • Bleibt resilient

    In Krisenzeiten helfen kleine, gezielte Maßnahmen oft mehr als teure Kampagnen.

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