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09/08/18 · Interviews
Wir müssen eine Solidaritätskultur aufbauen und die Idee des Social Business weltweit entfalten.
Hans Reitz ist Gründer und Geschäftsführer des Grameen Creative Labs und der Agentur Circ. Weltweit setzt er sich für die Entwicklung sozialer Projekte ein. Seit 2007 ist er Kreativberater von Nobelpreisträger Prof. Muhammad Yunus und gründete 2009 gemeinsam mit ihm das „Grameen Creative Lab“, das verschiedene Großunternehmen berät, um die Idee des Social Business weltweit zu verbreiten. Reitz begleitet Prof. Yunus bei offiziellen Anlässen und ist seit Anfang 2010 offiziell Creativ Director des Yunus Centers in Bangladesch. Außerdem leitet Reitz gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin und einem Partner die Social Business Cafés Lalaland und Perfect Day. 1966 in Bad Abbach (Bayern) geboren, verbrachte er sieben Jahre in Indien und studierte dort klassische südindische Musik. Mit 26 Jahren startete er ein Projekt zum nachhaltigen Anbau von Naturgütern im südindischen Kumily/Kerala. Heute lebt Hans Reitz in Wiesbaden.
Interview: Daniela Mahr, September 2018
Foto: Hans Reitz
Ich habe als Kulturmanager in Wiesbaden von 1990 an jedes Jahr ein Theaterfestival organisiert. Schon damals begeisterte mich die Idee, Kreativität in einem Kollektiv zu erleben. So entstand 1994, nach der Geburt meines ersten Sohnes, die Künstleragentur „circ“ als Kollektiv. Heute ist „circ“ eine der führenden Agenturen in der Unternehmens- und Ereigniskommunikation national wie international. Das Social Business Joint Venture „Grameen Creative Lab“ habe ich 2009 mit Muhammed Yunus gegründet.
Ich wurde 2005 unter anderem durch den Club of Budapest auf Professor Yunus aufmerksam. Als er zwei Jahre später den Friedensnobelpreis bekam, haben wir uns kennengelernt. Die Begegnung hat mich überwältigt. Ich besuchte ihn in Bangladesch und sah, dass die Menschen dort viel weniger haben als wir, aber ihre Probleme doch lösen. So überlegte ich, ob wir aus solchen Lösungsansätzen nicht etwas lernen können.
Es gibt es zu wenige selbstbestimmte Freigeister.
Als ich Anfang der 90er nach Wiesbaden kam, kannte ich die Stadt bereits durch einige Theaterprojekte. Sie war für mich ein Zufluchtsort. Denn als ich aus Asien zurückkam - ich reiste sieben Jahre von Südindien aus, fast besitzlos, um die Welt - brauchte ich ein Winterquartier.
Ja. Ich stamme aus einem Dorf in Bayern, wo die Gemeinschaft stark ist. In der Stadt kann man sich ihr schnell entziehen. Für mich, als Dorfmensch, ist das eigenartig. Denn keiner existiert ja als Einzelwesen.
Ja, gemeinsam mit meiner Lebensgefährtin das Kindercafé Lalaland und mit einem Partner das Perfect Day. Ich möchte den Leuten das System des Social Business näher bringen. Meiner Überzeugung nach ist ein Wirtschaftssystem mit Social Business das bessere.
Es gab noch nie so viele geregelte Arbeitsplätze wie heute in Deutschland. Das ist gut, birgt aber die Gefahr, dass man sich weniger zutraut. Zurzeit gibt es zu wenige selbstbestimmte Freigeister. Gute Jobs sind okay. Aber mehr noch schätze ich Menschen, die gute Jobs kreieren. Das wäre mein Wunsch: Seid eher Creater denn Annehmer.
Ich bin in einer Familie mit sieben Kindern groß geworden und hatte drei ältere Brüder, musste mich also der Dominanz dieser Jungbullen erwehren. Als ich 12 war, erkrankte unser Vater schwer, und die Mutter musste die Familie ernähren. Da wollten wir Kinder einen Beitrag zur Familienkasse leisten.
Keine Angst vor Zahlen und nicht vorm Machen.
Ganz und gar nicht. Wir unterschätzen die Jugendlichen. Alexander der Große war siebzehn, als er gekrönt wurde. Gerade in der Pubertät sind Geist und Wille stark. Vor einigen Jahren habe ich mit 14 Hauptschülern ein Projekt gemacht: Wir betrieben 8 Tage lang ein Restaurant und setzten dafür 1.000 Euro ein. Daraus machten wir 2.400 Euro. Das sind genau die Spiele, die ich mir wünsche - nah an der Realität, keine Angst vor Zahlen und nicht vorm Machen.
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