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06/09/23 · Interviews
Wir ernten zu krummes Gemüse, bieten MHD-Ware an und sorgen so dafür, dass leckeres Essen auf den Tisch, anstatt in die Tonne kommt.
Nicole Klaski hat Jura studiert und ist heute Mitgründerin des ersten deutschen Reste-Supermarkts, THE GOOD FOOD.
Interview: Daniela Mahr, Dezember 2018
Foto: Nicole Klaski
Nach meinem Jurastudium in Köln habe ich einen Master of Human Rights in Perth, Australien gemacht.
Im Anschluss daran habe ich für eine NGO in Kathmandu, Nepal gearbeitet und war im Rahmen dessen auch viel in Bangladesh unterwegs. Zurück in Köln engagierte ich mich als Praktikantin für ein Menschenrechtsprojekt. Hier habe ich mich intensiv mit dem Thema der Lebensmittelverschwendung beschäftigt.
Jede zweite Kartoffel wird nicht gegessen und jedes achte Lebensmittel landet im Müll – das ist doch absurd!
Zurück in Deutschland habe ich mich zunehmend über unseren Verschwendungswahn geärgert. Insbesondere hat mich das Thema Lebensmittelverschwendung bewegt. Jede zweite Kartoffel wird nicht gegessen und jedes achte Lebensmittel landet im Müll – das ist doch absurd!
Mit THE GOOD FOOD wirken wir diesem Trend direkt entgegen, indem wir dafür sorgen, dass Lebensmittel nachgeerntet, angeboten und dann gegessen werden.
Wir
ernten zu krummes Gemüse, bieten MHD-Ware an und sorgen so dafür, dass
leckeres Essen auf den Tisch, anstatt in die Tonne kommt.
Wir sorgen dafür, dass Ressourcen, um verzehrfähige Lebensmittel herzustellen, nicht verschwendet werden.
Das ist, was für mich Zukunftsfähigkeit bedeutet: unsere vorhandenen Ressourcen voll auszuschöpfen. Nachhaltiges Handeln und Leben soll verhindern, dass nicht blind weiterproduziert wird, um die Überproduktion dann in den Müll zu werfen.
Hotels
sind gezwungen, die Reste, die beispielsweise beim Frühstücksbuffet
übrig bleiben, wegzuschmeißen. Selbst eine Spende des Essens an die
Tafel ist nicht gestattet. Alles was einmal die Küche verlassen hat und
auf dem Buffet gelandet ist, soll nicht gespendet werden. Die
Initiatoren der App „Mealsaver"
scheinen eine Lösung gefunden zu haben: Für Leute, die bezahlen,
scheint das Verbot nicht zu gelten. Sie bekommen vom Hotel eine Box und
dürfen sich bedienen.
Wir wollen nicht 'nur' Laden sein, sondern auch Menschen dazu anregen, sich mit dem Thema Lebensmittelverschwendung auseinander zu setzen.
Wir wollen nicht „nur“ Laden sein, sondern auch Menschen dazu anregen, sich mit dem Thema Lebensmittelverschwendung auseinander zu setzen. Ich habe festgestellt, dass viele Menschen Interesse an diesem Thema haben und gerne aktiv werden möchten. Wir zeigen in den Workshops, wie man Lebensmittel länger haltbar macht, sie veredelt oder zubereitet. Das sind meist althergebrachte Weisheiten, die in Vergessenheit geraten, aber sehr sinnvoll sind.
Ich veranstalte zudem privat sogenannte Kleidertauschpartys: hier tauschen wir Kleidungsstücke, können diese so wieder neuem Nutzen zuführen und uns gleichzeitig über das ein oder andere neue Kleidungsstück selber freuen.
Ähnliche „Partys“ bietet auch die Klimaschutz Community Köln an: Dort nehme ich auch immer gerne teil. Jeder ist herzlich willkommen, selbst zu tauschen und so das „Recycling“ von Kleidung zu unterstützen.
Die Freude, die mit einer erfüllenden Tätigkeit verbunden ist, ist viel wert und motiviert ungemein.
Ich freue mich sehr, wenn ich Menschen dazu ermutigen kann, das zu tun, was ihnen am Herzen liegt. Die Freude, die mit einer erfüllenden Tätigkeit verbunden ist, ist viel wert und motiviert ungemein. Bei THE GOOD FOOD haben wir größtenteils versucht, vorhandene Ressourcen zu verwenden. So mussten wir bisher auch nichts Neues für unseren Supermarkt kaufen. Beispielsweise nutzen wir derzeit die Regale und Möbel unserer Vormieterin.
Ich würde diesen Weg,
den Weg des organischen Wachsens, wieder gehen, trotzdessen er oft auch
der etwas längere sein kann. Er birgt jedoch auch großes Lernpotential.
Ich kann somit nur empfehlen, nicht direkt alles neu zu kaufen und nicht
mit einem perfekt ausgestatteten Ladenlokal zu starten.
06/09/23 · Interviews
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