Zukunft der Mode: Einblicke in den FashionCampus 2030 von Labl Frankfurt
Initiiert von der 'Lust auf besser leben gGmbH' in Frankfurt am Main, vereint der FashionCampus 2030 Akteur:innen der Modeindustrie in einem zukunftsweisenden Bildungsprojekt. Ziel ist es, gemeinsam einen nachhaltigen und positiven Impact für Umwelt und Gesellschaft zu erzielen. Auf der Reflecta Plattform bietet dieser kreative Raum die Möglichkeit, Ideen auszutauschen, voneinander zu lernen und aktiv an der Gestaltung einer umweltfreundlichen und sozial gerechten Modebranche zu arbeiten.
Wir haben Dr. Jaya Bowry von Labl Frankfurt zu dem Projekt befragt.
Ziel des Fashion Campus 2030 - Mode.Zukunft.RheinMain. ist die Vernetzung von Modelabels, Ateliers, Schneider:innen und Modegeschäften aus der Rhein-Main-Region bzw. ganz Hessen.
Vision und Zielsetzung des FashionCampus 2030
Liebe Yaya, kannst du uns einen Einblick geben, was der FashionCampus 2030 ist und wie dieses Projekt beabsichtigt, nachhaltige Veränderungen in der Modeindustrie voranzutreiben?
Sehr gerne! Ziel des Fashion Campus 2030 - Mode.Zukunft.RheinMain. ist die Vernetzung von Modelabels, Ateliers, Schneider:innen und Modegeschäften aus der Rhein-Main-Region bzw. ganz Hessen. Gemeinsam mit Partner:innen wie HessenDesign, der AMD Hochschule und weiteren Expert:innen tauchen die Teilnehmenden in einem 3-jährigen Bildungs- und Netzwerkprogramm in die Welt der “Fair Fashion” ein – praxisnah und im Austausch mit Gleichgesinnten.
Dabei geht es um eine Vielzahl an Nachhaltigkeitsthemen – von CO₂-Bilanzierung über Marketingthemen bis hin zu menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht entlang der Wertschöpfungskette – und um die Frage, wie wir künftig noch besser zusammenarbeiten können, um einander zu unterstützen.
Nachhaltigkeitsthemen und Unterstützung von Modebetrieben
Welche konkreten Nachhaltigkeitsthemen behandelt der Fashion Campus 2030, und wie unterstützt das Programm Modebetriebe dabei, ihre CO₂-Bilanz und Arbeitsbedingungen zu verbessern?
Bekleidung ist und bleibt primär ein ästhetisches Gut, mit dem wir uns zu bestimmten Peer-Groups bekennen, von ihnen abgrenzen oder unsere Persönlichkeit zum Ausdruck bringen.
Nicht zuletzt deshalb sind für Modemacher:innen Haptik und Optik, also das Design, von höchster Priorität. Im Nachhaltigkeitskontext bedeutet dies, dass Umweltaspekte wie Ressourcenschonung durch Stoffkreisläufe und digitale Infrastruktur oder ökologisch hergestellte Materialien nur dann flächendeckende Anwendung finden werden, wenn sie sich den Designaspekten unterordnen bzw. auf diese einzahlen.
Somit orientieren wir die Bildungsangebote im Projekt auf der Vermittlung von Wirkungszusammenhängen der Textil- bzw. Modebranche mit den folgenden SDGs (Sustainable Development Goals).
Im Detail sind es folgende SDGs, an denen wir uns orientieren:
SDG1 - Armut verringern. Je fairer und nachhaltiger die Textile Lieferkette, bspw. durch GOTS-zertifizierte Stoffe, desto mehr trägt die Modebranche zu SDG 1 bei, da aktuell viele Arbeiter:innen einen Verdienst unterhalb der von der ILO vorgegebenen Grenzen erhalten.
SDG2 - Hunger beenden. Ebenso wie SDG 1, hinzu kommt: Durch Umweltschäden bspw. durch Chemie in der Lieferkette, wird wertvoller Boden/Grundwasser zerstört, was nachhaltige Ernährungssysteme verhindert und Hunger fördert.
SDG5 - Geschlechtergerechtigkeit. Gerade in der Modebranche arbeiten primär Frauen unter prekären Bedingungen; halten Nachhaltigkeitsstandard Einzug, verändern sich die Machtverhältnisse zwischen den Geschlechtern in Produktionsländern.
SDG6 - Sauberes Wasser. Durch Einhaltung von Umweltstandards wird weniger Grundwasser, Flüsse und Trinkwasser verunreinigt. Das trägt zur Einhaltung der planetaren Grenzen und gesunden Ökosysteme bei.
SDG8 - Gutes Wirtschaftswachstum. Durch Einhaltung von Nachhaltigkeitsstandards wie Fairtrade oder der ILO Kernarbeitsnorm kann ein Wirtschaftswachstum gelingen, das ohne Ausbeutung funktioniert; gleichzeitig müssen Stoffkreisläufe geschlossen und zirkulare Produktionsketten implementiert werden, um Ressourcen zu schonen. Der Abfall in der Modebranche durch Verschnitt und Retouren ist viel zu hoch.
SDG9 - Innovation. Circular Economy, aber auch innovative Materialien wie Textilien aus Reststoffen oder nicht mit Anbauflächen für Lebensmittel in Konkurrenz stehenden Pflanzenfasern, bspw. als Lederersatz und ohne giftige Chromgerbung, sind Teil der innovativen Fashionbranche und schützen die planetaren Grenzen.
SDG10 - Ungleichheiten reduzieren. Das Einkommens- und Lebenserwartungsgefälle zwischen dem Globalen Norden und Süden ist noch immer zu hoch. Einhaltung von Umweltstandards und Nachhaltigkeit tragen zu einer Verringerung bei.
SDG12 - Verantwortungsvoller Konsum und Produktion. Wenn die Kundschaft über politische Rahmen und Bildungskampagnen sensibilisiert wird, verändern sich Konsummuster; gleichzeitig gelingt dies nur bei entsprechender Angebotsanpassung. Das Projekt setzt bei Handel und Produktion an, um dadurch auch konsumseitig eine Veränderung zu ermöglichen.
SDG13 - Klimaschutz. Energieeffizientere Maschinen, die Auditierung von Zulieferbetrieben und das Modell der Kreislaufwirtschaft führen zu mehr Klimaschutz und Ressourcenschonung. Durch Veränderungsprozesse in Wertschöpfungsketten, beispielsweise durch den Einkauf regionaler Rohstoffe, eröffnen sich weitere Hebel für Klimaschutz in der Modebranche.
Bildungs- und Netzwerkprogramm des FashionCampus 2030
Bildung spielt eine zentrale Rolle im FashionCampus 2030. Kannst du beschreiben, wie euer Bildungs- und Netzwerkprogramm aussieht und welche Art von Lernangeboten die Teilnehmer:innen erwarten können?
Unser Projekt hat im März 2023 begonnen. Seit September bauen wir das Netzwerk auf und die ersten Netzwerktätigkeiten und Lektionen sind gestartet. Eine Bedarfsanalyse und der enge Austausch mit unseren Partner:innen hat uns dabei geholfen, passgenaue Inhalte für die Zielgruppe zu identifizieren. Momentan sind wir noch in der Experimentierphase mit verschiedenen Formaten. Zum Beispiel bieten wir eine Selbstlern-Lektion an, die sich mit der aktuellen globalen Situation und der Rolle der Modeindustrie darin auseinandersetzt. Außerdem haben wir bereits Online-Schulungen zu Themen wie Kreislaufwirtschaft und zukünftigen Regulierungen durchgeführt. Im Dezember findet unsere erste Lektion in Kooperation mit der AMD Akademie für Mode & Design statt, bei der es exklusiv für Mitglieder des Fashion Campus 2030 einen Vor-Ort Workshop zu Zero Waste Design geben wird. Wir planen zahlreiche weitere Lektionen in den kommenden Jahren. Die Themen reichen von Zukunftstrends und einer kleinen Siegelkunde bis hin zur Markenschärfung von Kleinstbetrieben.
Netzwerken und gegenseitige Unterstützung
Netzwerken und gegenseitige Unterstützung sind oft Schlüssel zum Erfolg. Wie sind die Netzwerktreffen und „Lunch & Learns“ gestaltet, und wie fördern sie den Austausch und die Zusammenarbeit zwischen den Teilnehmer:innen?
Seit September laufen die ersten Netzwerktreffen und Lunch & Learns. Grundsätzlich haben wir hier keine festgelegten Abläufe und Vorgaben. Netzwerktreffen finden in der gesamten Projektlaufzeit etwa 8 Mal statt und sind eher als größere Treffen der gesamten Community geplant. Wir versuchen, diese mit einem interessanten Event für die Modeschaffenden zu verknüpfen.
Die Lunch & Learns finden monatlich statt und sollen dazu führen, dass man in Kontakt bleibt. Wir möchten ermöglichen, dass in entspannter Atmosphäre eigene Fragestellungen und Lösungen eingebracht werden können. Die monatlichen Treffen finden mal online, mal in Präsenz statt. Auch haben wir bereits ein Online-Kennenlernen der Community veranstaltet und planen zusätzlich auch Atelierbesuche und weitere Treffen ein. Dabei können sich die Teilnehmer:innen über Erfahrungen zum Thema Nachhaltigkeit in der Modebranche austauschen und durch gemeinsame Kampagnen, wie beispielsweise die Fashion Revolution Week, weitere Öffentlichkeit erzeugen.
Vorteile der Reflecta-Community
Der Community-Bereich bei Reflecta ist eine zentrale Plattform für den Austausch und das Lernen. Wie funktioniert diese Community, und was sind die Vorteile für die Mitglieder?
Die Vorteile der geschlossenen Reflecta-Community sind vielfältig. So haben alle Teilnehmenden eine Übersicht darüber, wer Teil der Community ist und welche Expert:innen dabei sind.
Im Feed posten wir regelmäßig Informationen und Bildungshäppchen für Interessierte. Ebenfalls können auf der Plattform Termine eingesehen und Lektionen abgerufen werden. Ziel ist ein lebendiger Austausch mit vielfältigen Bildungs- und Vernetzungsmöglichkeiten. Sobald wir eine gewisse Anzahl an Teilnehmenden haben, werden wir zusätzlich einen Matchingprozess implementieren. Beim Matching treffen dann gemeinsame Interessen aufeinander und die Teilnehmenden können sich bei Fragestellungen gegenseitig unterstützen.
Beitritt zur Community und unmittelbare Vorteile
Angesichts der vielfältigen Möglichkeiten, die der Fashion Campus 2030 bietet: Welche unmittelbaren Vorteile und Erfahrungen können neue Mitglieder erwarten, wenn sie sich der Community anschließen, und wie können sie konkret zur kollektiven Vision einer nachhaltigeren Modebranche beitragen?
Einen Vorteil der Community sehen wir darin, dass wir tolle Partner:innen an unserer Seite haben, die inhaltlich hochwertige Events und Bildungsinhalte für unsere Teilnehmenden produzieren, für die man sonst viel Geld bezahlen würde. Gerade die ständigen Austauschmöglichkeiten online und offline haben bereits jetzt zu einem tollen Austausch und gegenseitiger Unterstützung geführt.
Tandems schaffen in Verbindung zum Auf- und Ausbau der bestehenden Netzwerke wie des Frankfurt Fashion Movement, den Modeschaffenden im HessenDesign-Netzwerk und weiteren Netzwerken eine Vertrauenskultur, in der Offenheit gegenüber neuen Prozessen gestärkt wird. Die Campus-Plattform wird themen- bzw. herausforderungsspezifische Matches ermöglichen. Das ermöglicht einen engen Austausch und langfristige Kooperationen.
Gemeinsam mit den Teilnehmenden wollen wir die Modeindustrie zum Besseren verändern – zugunsten von Umwelt und Klima, Arbeitsbedingungen an Produktionsstandorten und in Modebetrieben vor Ort in Hessen.
Teilnahme und Community-Zugang
Die Teilnahme am Fashion Campus 2030 ist kostenfrei – wie ist das möglich, und was müssen Interessierte tun, um Teil eurer Community zu werden?
Wir haben eine Förderung von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) für drei Jahre erhalten. Daher ist die Teilnahme für alle Modeschaffenden aus Hessen kostenlos. Interessierte treten einfach der Fashion Campus Community bei.
Informiert bleiben und Mitmachen
Zum Schluss: Wo können sich unsere Leser:innen weiter über den Fashion Campus 2030 informieren und wie können sie sich bei Interesse dem Community-Bereich bei Reflecta anschließen?
Für weitere Details zum Fashion Campus 2030 und zur Anmeldung in unserer Community, besucht direkt diese Seite: https://www.reflecta.network/seite/fashioncampus2030.
Wir freuen uns darauf, euch in unserer Community willkommen zu heißen und gemeinsam die Modeindustrie zum besseren zu Verändern – zugunsten von Umwelt und Klima, Arbeitsbedingungen an Produktionsstandorten und in Modebetrieben hier vor Ort.